About the album
The Marc Perrenoud Trio’s three previous album have been respectively, “Best jazz selling” in Switzerland, rewarded “revelation” by the French magazine Jazzmagazine, and “revelation” by the music magazine of the BBC London and Jazz magazine Paris. Born in Berlin in 1981, Marc Perrenoud began playing piano and improvising at the age of 6. He studied at the Geneva Conservatory until 2001 and obtained his diploma in 2004 at the Lausanne Jazz School. Since 2008, the group “Marc Perrenoud Trio” has given more than 300 concerts in all the major festivals and jazz clubs around the world.
Was denken junge Musiker eigentlich, wenn sie sich auf einen ausgelatschten Trampelpfad wie den des Pianotrios begeben? Im Falle von Marc Perrenoud, Cyril Regamey und Marco Müller glaubte man eigentlich schon seit Beginn ihrer rasanten Karriere zu wissen, dass sich in ihrem Kopf auf keinen Fall Bill Evans, Oscar Peterson oder Art Tatum zum trauten Swing-as-swing-can versammeln würden. Wer die drei hört, dem kommen eher schon Metallica, Radiohead oder Thindersticks in den Sinn, wie schon „Logo“, das erste Album der drei 2008, vermuten ließ. Vielleicht auch Hindemith, Strawinsky, Schostakowitsch, Ligeti oder das französische Kabarett zu Beginn des 20. Jahrhunderts, allesamt Inspirationen, die beim bis dato letzten Werk „Vestry Lamento“ Pate standen. Nur ja keine traditionellen Blaupausen, denn davon gibt es fürwahr schon mehr als genug. „Oft spielen Marco, Cyril und ich zusammen und denken einfach an gar nichts. Nur vielleicht an ein gutes Steak mit grünem Pfeffer“, schmunzelt Marc Perrenoud. Wie solche Stücke dann klingen mögen, kann sich jeder mithilfe einer halbwegs blühenden Fantasie ausmalen.
Bei ihrem aktuellen Werk „Nature Boy“ haben sich Perrenoud, der Pianist, Regamey, der Drummer, und Müller, der Bassist aber durchaus etwas gedacht. Ihnen geht es um die immer größer werdende Ambivalenz zwischen Mensch und Natur, zwischen dem Spieltrieb eines Kindes und dem Drang eines jungen Erwachsenen, der gegen all die Missstände, Ungerechtigkeiten und Verbrechen an der Schöpfung aufbegehrt. Dazwischen steht das Trio. „Wir wollten spielen, als wären wir Kinder. Naiv, leicht, ohne Plan“, erklärt Marc Perrenoud den gemeinsamen Ansatz. „Gleichzeitig spürten wir aber, dass etwas um uns herum passierte, das nicht normal war, dass die Leute sich dagegen stemmten. Weil wir nicht unmittelbar daran beteiligt waren, spielten wir einfach weiter. Aber es färbte irgendwie auf unsere Musik ab. Manchmal klang es besorgniserregend.“
So beschreibt der 35-jährige Ausnahmepianist seinen Gemütszustand, als er sich anschickte, im schicksalshaften Sommer 2015 die Stücke für „Nature Boy“ zu schreiben. Damals wie heute kann sich niemand vor den schrecklichen Bildern abschotten, die tagtäglich über die Fernsehschirme flimmerten. Unzählige Menschen, egal ob jung oder alt, Frauen oder Männer, hatten auf ihrer Flucht aus Syrien, Afghanistan, dem Irak oder Somalia nach Europa ihr Leben lassen müssen. „Das Mittelmeer wurde zum Massengrab. Auf einmal war seine Farbe nur noch schwarz“, erklärt Marc Perrenoud seine Gefühle. „Und das Kind in uns erinnerte sich in diesem Moment daran, dass es einmal gelernt hatte, dass das Mittelmeer angeblich die Wiege der Zivilisation sei. Aber so etwas will niemand wahrhaben! Es ist einfach unfassbar!“ Also greift ein natürlicher Schutzreflex: ausblenden, wegdrücken. Das Kind versucht die Oberhand zu gewinnen. Es versucht zu spielen. „Denn spielen“, sagt Perrenoud, „ist leben“. Überleben.
Mit ihrer enormen Energie versuchen drei erwachsene Kinder auf „Nature Boy“ ein gewaltiges Problem für sich selbst zu verarbeiten. Eines, für das es keine rationelle Erklärung gibt. Perrenoud, Regamey und Müller formen acht Songs voller Energie und Emotion, ohne dabei freilich zu einer Sekunde die Kontrolle über sich selbst und ihren Vortrag zu verlieren. Sie funktionieren perfekt als Einheit, „spielen“ miteinander, verzichten auf egozentrische Nabelschauen und definieren sich allein über ihre Position als Musiker. Im Titelstück artikulieren sie unverkennbar ihre Sorgen, ohne dabei jedoch der Angst die Oberhand gewinnen zu lassen. Andere Takes wie „Overseas“ lassen ein ungezügeltes Schreien vermuten: „Aegean“ dagegen wirkt hyperaktiv, rastlos und umtriebig. In „Arolla“, einem Berg im Kanton Wallis gewidmet, zollen sie der Urgewalt der Natur Tribut und verweben kunstvoll die Signalmelodie, mit der die Schweizer Postbusse ihr Kommen ankündigen. Wie ein roter Faden zieht sich die Beziehung Natur/Mensch durch „Nature Boy“. Sie durchdringt jedes Thema. Marc Perrenoud, der 1981 in Berlin geboren wurde und am Genfer Konservatorium sowie an der Lausanne Jazz School studierte, eine Reihe von Auszeichnungen einheimsen konnte und neben seinem Trio (seit 2008) auch als Solopianist konzertiert, verbindet in seinen Kompositionen gewaltige Aggressionsausbrüche mit feinsinniger Zärtlichkeit. Dabei entsteht eine neue, hochspannende und authentische Improvisationskultur. Etwas, das es bislang in dieser Intensität und Dringlichkeit noch nicht gab.